(Beiträge von Manfred N.)
Die Einberufung zum Kfz-Regiment 2
Der 31.10.1966 war ein schöner warmer Herbsttag. Mein Einberufungsbefehl war ausgestellt auf den 01.11.66 . Ich hatte mich aber entschlossen, einen Tag früher nach Strausberg zu fahren. Meine Gedanken waren sowieso nur noch bei der NVA, denn ich hatte mich für drei Jahre verpflichtet und war ganz schön stolz darauf.
In Strausberg Süd oder wie die Einheimischen sagen, in Vorstadt erkundigte ich mich nach Übernachtungsmöglichkeiten. Ein Eisenbahner empfahl mir das Hotel Süd.

Eine Wegbeschreibung bekam ich gleich noch dazu. Mit der Straßenbahn fuhr ich zum Hotel. Ohne Probleme bekam ich für eine Nacht ein Zimmer.


Am Abend hatte ich Glück, denn ich kam mit einem Feldwebel ins Gespräch. Er erklärte mir so einiges. Ich hatte die Absicht gehabt, am 01.11.so gegen 13:00 Uhr zur Kaserne zu marschieren. Der Feldwebel riet mir, schon früh um 09:00 Uhr los zu machen. Nach ein paar Bier war ich dann bestens informiert. Um 09:30 Uhr war ich dann am Eingang der Kaserne in Strausberg Nord. An der Wache zeigte ich dem Wachposten meinen Einberufungsbefehl, dieser griff zum Telefon und sprach mit jemanden. Nach zehn Minuten kam ein Unterfeldwebel und ich konnte die Kaserne betreten. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in einer Kaserne! Auf dem Weg zu einem größeren Gebäude erklärte mir der Unterfeldwebel den weiteren Ablauf. Dieser Mann hieß Grein. Es hatte keiner damit gerechnet, dass so zeitig ein Einberufener eintrudeln würde.
Alles entwickelte sich ab diesem Moment zu meinem Vorteil. Zuerst ging es zum Friseur. Anschließend liefen wir zur BA-Kammer. Ich war ziemlich überrascht, was da alles an Sachen mir übergeben wurde.


Nach dem Empfang der ganzen Klamotten, die ich in einer Zeltplane transportieren mußte, liefen wir zurück in das Stabsgebäude.
In einem Zimmer mit vier Doppelstockbetten konnte ich mir ein Bett aussuchen. Ich war ja der erste. Jetzt brauchte ich erst einmal eine Pause, denn von der Schlepperei dieser vielen Sachen mußte ich mich etwas erholen. Der Unterfeldwebel Grein zeigte mir, wie ein Spind eingeräumt werden mußte. Oh, diese Ordnung!
Die Unterwäsche mit einer Zeitung innen wurde schön auf Kante gelegt.

Die Schulterstücke mußten angebracht werden und die Kragenbinden. Nun, als die anderen kamen, war ich mit allem fertig und konnte dann helfen. So begann eine aufregende Zeit für mich, die drei Jahre dauerte, mich aber ein Leben lang begleitet hat.
M.N.
Die Anfangszeit als Unteroffiziersschüler
Nun zu den Anfängen meiner Zeit bei der NVA.
Der erste Tag war so gut wie vorbei. Ein Bergmann aus Aue im Erzgebirge, also ein „Landsmann“ von mir wurde mein „Oberstubenbettnachtbar. Aus irgend einem Grund bekam er gleich den Spitznamen Charlie. Er wurde nach der Grundausbildung als Kraftfahrer auf einem M21(Wolga) eingesetzt. In den 3 Jahren Armee haben wir uns dann kaum noch gesehen. Erst am Tag der Entlassung am 31.10.1969 trafen wir uns
zufällig am Abend auf dem Berliner Ostbahnhof. Das war aber das Ende meiner 3 Jahre in der NVA ebenso die von Charlie.
Nun zum Anfang!
Man hat ja seine Vorstellungen über Abläufe. Der nächste Tag begann um 6.00 Uhr mit Gebrüll auf dem Flur. Die Tür zu unserem Zimmer wurde aufgerissen und jemand rief etwas wie Frühsport.

Bis um 01:00 Uhr hatten wir uns unterhalten und bekannt gemacht. Jetzt hatten wir Mühe, aus den Betten zu kommen. So begann eine Drängelei, die einen ganzen Monat andauern sollte und von manchen Flüchen begleitet war. Die Ausbildung war nicht leicht. Auf dem Exerzierplatz wurden wir ganz schön rum gescheucht.

Im Gelände zu robben und sich eine Mulde zu graben, war nicht das, was man brauchte. Der November 1966 war ein Monat mit schlechten Wetter. Im November 1968 sollte ich während einer Inspektionsfahrt mit Offizieren des MfNV in Eggesin sehen, was Soldaten aushalten müssen. Das waren Soldaten!
Nun aber wieder zurück. Am 01.12.66 wurden wir Uffz.-Schüler. Unser Lehrgangsleiter war Unterleutnant Schamedatus.


Wir wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. In meiner Gruppe war Stabsfeldwebel Jeromin der Chef. Die zweite Gruppe wurde von Feldwebel Köhler befehligt. Es folgten viele Wochen Ausbildung im Gelände, viel Unterricht in Kfz.-Technik und Kfz.-Elektrotechnik. Viele Stunden mit Selbst-Studium usw. Einige von uns hatten keine Fahrerlaubnis der Klasse 5.
So begann dann die Ausbildung auf einem S-4000.

Ich hatte damit keine Probleme, denn die Fahrerlaubnis-Klassen 1 und 3 hatte ich schon gehabt. Das Fahren war natürlich das Beste. Wir fuhren in Berlin mit und ohne Anhänger und wir konnten noch den alten Alexanderplatz kennen lernen. Das Strausberger Umland wurde uns natürlich auch durch viele Fahrten bekannt.
Am schönsten war es aber auf dem Kfz-Park. Für jede Gruppe stand ein S-4000 zur Verfügung. Früh wurden Batterien von der Ladestation geholt und eingebaut. Das war eine ganz schöne Schinderei. In den Ansaugstutzen vom Motor gab es einen Schluck Diesel und dann wurde der Motor mit der Handkurbel gestartet.
Ich hätte nie gedacht, dass so etwas funktioniert. Am 21.03.1967 war es dann soweit. Prüfung für die Fahrerlaubnis. Alle haben bestanden.

Ernennung zum Unteroffizier
Die Zeit verging und der Ton unserer Ausbilder war ruhiger geworden. Wir hatten uns an den Alltag im Regiment gewöhnt. Es wurde viel gemacht, um uns bei Laune zu halten. Der Besuch des Sowjetischen Ehrenmals in Berlin Treptow hat uns alle berührt. In meiner Zeit als Busfahrer in der 3.Kompanie (Regimentsstruktur der 60-Jahre) war ich oft vor Ort!

Es war auf jeden Fall nie langweilig. Wir waren im Plänterwald im Vergnügungspark und ebenso auf dem Weinachtsmarkt. Ein Besuch im Friedrichstadtpalast gehörte ebenso dazu wie ein Besuch des Metropoltheaters. Natürlich waren wir auch in der Diestel. Der Schauspieler Lutz Stückraht ist mir in Erinnerung geblieben, denn er spielte damals einen „Jungen Pionier“. Unser Lehrgangsleiter Unterleutnant
Schamedatus war, soweit ich mich erinnern kann, ein Berliner und er wird das alles
organisiert haben.


Obwohl manches schwer war, hatten wir uns alle zusammengerauft und auch so manches Bier miteinander getrunken. Im April begannen einige Prüfungen. Alle haben bestanden. Langsam wurde es ernst, denn der Tag der Ernennung zum Unteroffizier stand bevor. Die Uniformjacken mußten in die
Schneiderei gebracht werden. Nach dem Aufnähen der Litze bekamen wir die Schulterstücke.

Der Empfang beim Regimentskommendeur Oberstleutnant Taube sowie die jeweilige Kommandierung in die Kompanien waren der Höhepunkt. Wir waren Unteroffiziere!!!
Beginn als Gruppenführer
Es war, glaube ich, die letzte Aprilwoche 1967 als wir in die Kompanien kommandiert wurden. Mit prall gefüllter Zeltplane machte ich mich auf den Weg in die 5.Kompanie. Gegenüber vom S-Bahnhof Nord standen einige Baracken. Die äußere rechte Baracke war mein Ziel, denn dort war die 5.Kompanie (Regimentsstruktur der 60-Jahre, nicht zu verwechseln mit der hier genannten 5. Kompanie) untergebracht. Bloß gut, dass wir auf dem Lehrgang soviel Sport hatten! Es war eine ganz schöne Schlepperei und durch den täglichen Frühsport hatte ich doch einiges an Kondition bekommen.
Empfangen wurde ich so einigermaßen freundlich. Mit dem Hauptfeldwebel hatte ich mich gleich am 2.Tag in der Wolle. Der Kommpaniechef war in Ordnung! Die Zugführer waren es auch. Mein Zugführer wurde Leutnant B., der mir gleich am ersten Tag auf dem Kfz-Park die Fahrzeuge zeigte, für die ich in Zukunft verantwortlich sein würde. Es waren 5 G5 und 5 LO 1800.


Nun brauchten bloß noch die Soldaten für die Fahrzeuge kommen. Vom Kompaniechef Hauptmann A. wurden ich eingewiesen. Ich hatte angenommen, dass ich neu eingezogene Soldaten als Gruppenführer übernehmen würde. Nun, das war meine erste Enttäuschung und es sollten in der nahen Zukunft noch einige mehr werden! Die Gruppe, die ich bekam, war schon sozusagen im 2.Diensthalbjahr. Mein Manko war eindeutig mein Alter. Mit gerade mal 19 Jahren mußte ich mich mit Soldaten umher ärgern, die ein paar Jahhre älter waren als ich. Immer wieder mußte ich mir anhören wie es „früher“ gemacht worden ist.
Nun ich sagte jedesmal wir haben nicht früher, sondern wir haben jetzt. Nach 6 Wochen hat es dann einigermaßen funktioniert und man hat mich als Gruppenführer akzeptiert. Ich hatte auch begriffen, dass meine Soldaten nicht freiwillig in der NVA waren und vielen Sachen ablehnend gegenüber waren.
Zum Beispiel im Polituntericht. Wenn der Zugführer im „Rotlicht“ (so wurde der Poititunterricht im Soldatenjaron bezeichnet) einiges darlegte und man fragte die Soldaten, stimmten sie meistens zu. Waren wir anschließend auf dem KfZ.-Park, bekam ich ganz andere Meinungen zu hören. Im Sommer 1966
war ich in meinem Betrieb Kandidat der SED geworden und ich war vollkommen von allem überzeugt.
Mobbing wegen eigener Meinung
Was nützt die Beste Überzeugung , wenn man merkt, das vieles bloß daher geredet war. Es gab Parteiversammlungen und man sollte seine Meinung sagen. Es wurde viel kritisiert aber meistens nur von“ oben nach unten“. Ich war es gewöhnt, zu diskutieren, denn meine Eltern waren beide in der Partei und zu Hause gab es keine Tabus. Ich hätte wissen müssen das sowas nicht lange gut gehen kann. Hätte ich mal lieber meinen Mund gehalten! Ich wurde ausgebremst, wenn ich in Ausgang gehen wollte. Vieles hat man sich einfallen lassen. Ich hatte so langsam die Schnauze voll!
Während eines Verlängerten Kurzurlaubes nach vielem Gerede teilte ich meinen Eltern mit, dass ich nicht in die Partei eintreten würde. Mein Vater gab mir recht! Er sagte nur überlege es dir gut, denn du hast ja noch über 2 Jahre in der Armee zu dienen. Meine Eltern wußten nicht, dass ich mich entschlossen hatte die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Mit zwei anderen Unteroffizieren war ich in Löbau an der Ernst Thälmann Offiziershochschule zur Aufnahmeprüfung gewesen. Oberstleutnant Taube hatte das organisiert. Das alles war aber, bevor ich zum Entschluß gekommen war, nicht Parteigenosse zu werden. Ich habe mir sozusagen das Bein selber gestellt. Natürlich habe ich das nicht bedacht und es kam so wie es kommen mußte. Mein Unbehagen in der Kompanie wurde immer größer.
kein Mitglied der SED
Die Aufnahme in die SED, wir waren 3 Kandidaten, sollte im Regiment stattfinden. Einzeln wurden wir gefragt, ob wir gewillt sind Mitglied der SED zu werden. Die ersten beiden „Genossen“ haben mit ja geantwortet, ich dagegen mit nein!! In diesem Moment war ich mir nicht bewusst, was auf mich zukommen könnte. Im Saal herrschte Totenstille und ich wurde aufgefordert, den Raum zu verlassen. Ich glaube ,es war wohl das erste mal, das einer mit nein geantwortet hat. Wie ein geprügelter Hund lief ich durch das Regiment zur Kompanie. Inder Kompanie angekommen legte ich mich auf mein Bett und wartete was nun
passieren würde. Viel konnte es ja nicht sein, denn es war ja schon Dienstschluss. Die Tür zu meiner Stube wurde aufgerissen und der Ko-Chef schaute rein . Er sagte kein Wort und knallte die Tür wieder zu. Auf dem Gang der Baracke wurde laut geredet. Sicherlich war ich das Thema. Es war ja so, dass viele nicht in der Partei waren und es kamen doch Genossen, die meinten, ich hätte es richtig gemacht.
Gespräch in der Politischen Hauptverwaltung
Am nächsten Morgen bin ich gleich zum KfZ-Park und habe mich bei meinen Fahrzeugen aufgehalten, um ja nicht gleich mit dem Ko-Chef zusammen zutreffen. Es dauerte gar nicht lang und der GUvD der Kompanie kam zu mir. Er hatte den Befehl, mich zu holen. Ich meldete mich beim Ko-Chef und bekam gleich einen Anschnauzer. Meine Anwesenheit wäre dringend erforderlich gewesen. Wir hätten um 10..00Uhr einen Termin im Ministerium. Was sollte ich da? Ohne ein Wort gingen wir durchs Regiment ins Ministerium. Ich weiß nicht mehr, in was für einem Block wir waren. Nun ist auch egal, wir waren in der Politischen Hauptverwaltung angekommen (PHV). In einem größeren Raum saßen an einem langen Tisch mehrere hohe Offiziere, darunter auch zwei Generäle. Nach dem wir saßen, ging es gleich zur Sache. Ruhig und sachlich wurde ich gefragt, wie es zu meinem Entschluß gekommen wäre, nicht Mitglied der SED zu werden. Es sprudelte bloß so aus mir raus und ich spürte immer mehr, das meine Anspannung nachließ. Die Generäle waren schon a.D. Einer von ihnen war ein alter Spanienkämpfer genau wie unser Minister. Es war eine gute Diskussion. Ich wurde aufgefordert, es mir noch einmal zu überlegen und ich könnte jederzeit mein Parteidokument bekommen. Ich war froh, dass ich mit meinen Argumenten Recht bekommen hatte, mußte mir aber anhören, das wir ja Soldaten sind und keine Mimosen. Vom Ko-Chef war die ganze Zeit kein Wort zu hören. Jetzt wurde ich aufgefordert, den Saal zu verlassen. Mein Chef mußte noch bleiben. Nach einiger Zeit kam er auch aus dem Raum. Sein hochroter Kopf ließen nichts gutes ahnen. Schweigend gingen wir zurück ins Regiment. Unterwegs sagte ich ihm, das mir ein Admiral der mir auf dem Flur entgegen kam, einige Fragen gestellt hatte. Er meinte nur, das wäre wohl der Chef gewesen. Keine Ahnung wer das war. Im Sommer 1969 sollte ich diesem Admiral noch einmal begegnen und er erkannte mich auch wieder. Nach unserem ersten Zusammentreffen wußte ich natürlich kurze Zeit später wer der Admiral gewesen war, der einiges von mir wissen wollte. Es war der Chef der Politischen Hauptverwaltung der NVA Admiral W. Verner.
Im Regiment angekommen, meinte mein Kompaniechef, er müsse mit mir noch einiges besprechen und vom UvD würde ich die Zeit erfahren. An diesem Tag geschah rein garnichts mehr. Auf unserer Stube waren die anderen Uffz.natürlich neugierig, was im Ministerium los war. Mir mangelte es ja nicht an Gesprächsstoff. Nach einer Nacht, in der ich kaum geschlafen hatte, ging es früh wieder in den Park. Ein LO1800 ließ sich ganz schlecht schalten und das war ja keine Fahrerei. Irgend etwas stimmte mit dem
Schaltgetriebe nicht. Ich lungerte in der Werkstatt rum und wartete darauf, das der Ko-Chef mich rufen ließ. Was wollte er noch? Nach der Mittagspause war es soweit. Ich meldete mich bei ihm und siehe da er war ganz freundlich .Das war komisch!
Überzeugungsfahrt nach Hause
Er eröffnete mir, dass ich meinen Vater anrufen könne. Ich fragte, warum. Er sagte, wir haben die Absicht zu Ihnen nach Hause zu fahren! Ich fragte Ihn wer das ist „wir“? Der Politstellvertreter, Kompaniechef, Fahrer und ich. Als ich Ihn fragte was das soll, meinte er, es müsse geklärt werden, wer hinter meiner Weigerung, nicht in die SED eintreten zu wollen stecke. Ich sagte nur, es ist doch alles geklärt worden bei der PHV!Hatte er die Gründe schon vergessen? Als ich mich weigerte, sagte er nur dies ist ein Befehl!! Über eine Leitung vom Regiment rief ich meinen Vater im Betrieb an.
Der fiel aus allen Wolken als er hörte, was man vorhatte. Er meinte nur, dann sollen sie mal kommen. Zwei Tage später ging es mit einem M21 nach Hause. Wir fuhren gleich zum Betrieb, in dem mein Vater arbeitete. Alle Leute haben geglotzt, als auf einmal vier Uniformierte durch den Betrieb liefen. Die wenigsten haben mich aber erkannt, was mir sehr recht war. Meinen Vater trafen wir aber nicht an.

Er war zu Hause. In mir hatte sich eine ganz schöne Wut aufgebaut. Was bildeten die sich eigentlich ein, so mit mir umzugehen. Mein Vater war auch ganz schön sauer. Mir war nicht ganz klar, woher meine Vorgesetzten wußten, dass mein Vater Parteisekretär im Betrieb war. Er sagte meinem Ko-Chef, dass es meine Entscheidung gewesen ist, nicht Mitglied der SED zu werden. Über die Gründe brauchen wir nicht mehr zu reden, denn die kennen sie ja. Außer Spesen nichts gewesen. Auf der Fahrt nach Strausberg wurde im Auto fast nicht gesprochen!
Gruppenführer beim Reservisten-Lehrgang
Ja, das Leben ging weiter. Immer wieder wurde ich wegen dem Parteieintritt gefragt. Eines Tages sagte ich zu meinem Zugführer, „wenn das nicht aufhört, melde ich mich noch einmal bei der PHV“ (Politische Hauptverwaltung der NVA) an. Siehe da, es wurde weiter gesagt und ich hatte meine Ruhe. Ich wurde Gruppenführer bei einem Reservisten-Lehrgang. Reservisten kamen immer ein paar Wochen vorher als Überbrückung, wenn Entlassungen bevorstanden. Ich bekam es mit 10 Männern zu tun, die alle über ein Jahrzehnt älter waren als ich. Da war nichts mit kommandieren usw. Bei der ersten Stunde auf dem Ex-platz wurde mir gesagt, paß auf, wenn Offiziere kommen, dann machen wir richtig los, sind wir aber alleine dann machen wir schön „pomalo“. Es machte dann viel Spaß, mit den Leuten zu arbeiten. Sie waren Kraftfahrer und viele hatten einen Personenbeförderungsschein. Kraftfahrzeug-technisch habe ich einiges durch meine“ Resies“dazu gelernt. Aber jede schöne Zeit geht eimal vorbei. Die Reservisten kamen auf die Kompanien. Wehmütig ging es für mich aus dem Zeltlager zurück in die Kompanie. In dieser Zeit war die
Welt für mich wieder in Ordnung. die Sache mit der Partei war ganz weit weg.

Das Reservistenabzeichen der Nationalen Volksarmee (NVA) war in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) eine nichtstaatliche Auszeichnung, welche in drei Stufen gestiftet wurde. Seine Verleihung erfolgte an alle Armeeangehörigen der NVA, die ehrenvoll aus ihrem aktiven Dienst ausgeschieden und somit in die Reserve versetzt wurden. Es diente zugleich auch der Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls der ausgeschiedenen Soldaten. Seine Erstverleihung fand anlässlich des 10. Jahrestages der NVA am 1. März 1966 statt. Die Verleihung erfolgte
- in der Bronzestufe: für 18-monatige bis 2-jährige Dienstzeit
- in der Silberstufe: für bis zu 10-jährige Dienstzeit, allerdings von mindestens über zwei Jahren
- in der Goldstufe: für mehr als 10-jährige Dienstzeit
Kompanieübung im Modder
Der Ko-Chef hatte ein paar Tage später eine Kompanieübung angesetzt. Die Fahrzeuge meiner Gruppe waren mit eingeplant. Mußten es alle 10 Autos sein? Im Wald in der Nähe von Wilkendorf wurde die Bergung von eingesunkenen Fahrzeugen geübt. Mit dem Spill vom G 5 wurden LO 1800 geborgen. Nach ein paar Stunden sahen wir alle aus ,wie die Schweine. Schlimmer war aber, wie die Fahrzeuge aussahen. Das würde ein paar Wochen dauern, um sie wieder einsatzbereit zu bekommen. Da hätten wir auch gleich eine „Umstellung“ planen können. Vor allem die G 5 mit ihren vielen Gelenkwellen und über 90 Schmier-
nippeln. Alle mußten wieder sauber werden und schön rot angemalt sein.



Unsere schwarzen Uniformen nahmen bald eine gelblich-braune Farbe an. Ich hatte soviel Dreckwasser in die Ohren bekommen, daß ich auf einmal schwer hörte und zum Feldscher mußte. Der holte einiges aus meinen Ohren raus. Schlechte Tage gehen aber auch vorüber! In der Gruppe waren alle zufrieden, denn unsere Fahrzeuge konnten wieder eingesetzt werden. Meistens waren es nur Fahraufträge in die Umgebung, aber die Soldaten haben sich gefreut und ich hatte auch meine Ruhe. Die Tage vergingen und der Ko-Chef meinte ich solle wieder zu den Zelten, denn mit den Reservisten hätte ja auch alles
gut geklappt.
Neuer Grundlehrgang Reservisten
Der Tag der Einberufung von neuen Soldaten kam und ich wurde Gruppenführer im Grundlehrgang. In vier Wochen sollte alles beigebracht werden, was ein Soldat so können muss. Bei mir war das alles ja noch gar nicht solang her, dass man mir das auch beigebracht hatte. Ich glaube, es war die
Dienstvorschrift 10/1 . Auf dem Ex-Platz hat sich viel abgespielt. Auf dem Lehrgang lernte ich auch W. Schon kennen . Er wurde später der Fahrer von Armeegeneral Keßler! Viele Jahre später sahen wir uns wieder und er war Fähnrich.
Während des Reservistenlehrganges war ich jeden Tag von der Kompanie zu den Zelten gelaufen. Die Zelte standen im hinteren Teil des Regimentes .Hatte man etwas vergessen, musste man wieder zurück zur Kompanie. Für Gruppenführer stand ja ein Zelt zur Verfügung, was aber nicht genutzt wurde. Die Gruppenführer von der 1.und .2.Kompanie hatten keinen so weiten Anmarschweg ,wie ich.
Ich beschloss, mich für die nächsten vier Wochen im Zelt einzurichten und besorgte mir einen Spind sowie ein Bett. Die Zelte hatten aber keinen Fußboden. Nur Gras. Ich konnte mir ein paar Paletten zum Unterbauen besorgen. Leider war es in den Nächten schon sehr kalt. Gemühtlich war es abends auf keinen Fall !
Der Grundlehrgang begann und die neuen Soldaten stellten sich auch nicht ganz dumm an. Es waren einige Freiwillige dabei ,die später einen Uffz.-Lehrgang absolvieren würden. Ich merkte bald, dass ich mich richtig entschieden hatte, im Zelt zu wohnen. Die Soldaten kamen mit vielen Fragen und einige hatten auch Probleme. Nach Dienstschluss war ja nur noch das UvD Zelt besetzt. Ich hatte sehr schnell einen guten Draht zu den Genossen. Nach zwei oder drei Wochen, genau weiß ich es nicht mehr, ging es wieder einmal in Ausgang.
Ausgang in Cafe Nord


Im Cafe Nord traf ich auf eine Gruppe von Reservisten, alle kannte ich da ich ja auf dem Lehrgang Gruppenführer gewesen war. Es ging ganz schön hoch her. Mit meinen 19 Jahren versuchte ich beim Trinken mitzuhalten. Das ging natürlich gründlich daneben. Wie im Nebel bekam ich nur noch Teile der Unterhaltung mit. Ich war so gut wie scheintot. Die Reservisten wollten mich ins Regiment bringen, da ich nicht mehr in der Lage war, mich zu artikulieren. Ich war hinüber. Auf dem Heimweg habe ich mich dann loßgerissen und bin weggerannt. Habe ich aber alles erst am nächsten Tag erfahren!
Degradierung zum Gefreiten
Morgens um 06..00 Uhr wurde ich vom GUvD geweckt. Er sagte ich soll mal ins UvD Zelt kommen. Oh war mir schlecht. Ich wackelte zum UvD Zelt. Dort fragte mich der UvD, was in der Nacht los gewesen wäre. Ich hatte keine Ahnung. Er meinte nur, das sei kein Wunder, denn ich wäre total „zu „gewesen. Ich muß noch in der Nacht eine ganze Weile im UvD Zelt rum geredet haben. Nachdem ich das Zelt verlassen hatte wäre noch ein anderer Uffz. gekommen, den er aber namentlich nicht kannte. Dieser hätte gefragt, wer der besoffene Uffz.gewesen wäre. Das waren für mich nur böhmische Dörfer, ich wußte nicht, was gewesen war. Der Tag begann also so ziemlich unnormal und er sollte es auch bleiben. Mir war hundeelend und ich wäre am liebsten gestorben. Mit meiner Gruppe war ich gerade auf dem Exerzierlpatz als der Läufer vom OvD kam und sagte ich solle sofort zum Regimenter kommen. Immer noch im Tal der Ahnungslosen, machte ich mich auf den Weg! Das Zimmer vom Regimentskommandeur wurde geöffnet, als ich gerade anklopfen wollte. Der Politstellvertreter der heraus trat, schaute mich komisch an und verschwand ohne ein Wort. Ich klopfe, bekomme ein herein und als ich den Raum betrete, geht sofort eine Brüllerei los! Vor mir stand ein Oberstleutnant, den ich noch nie im Regiment gesehen hatte. Ich verstand noch halb tranig garnichts mehr. Als ich hörte ,ich degradiere sie wegen Schädigung des Ansehens der NVA in der Öffentlichkeit zum Gefreiten, wurde mir übel.


Er brüllte noch treten sie weg. Ich verließ das Stabsgebäude und wußte nicht, was mir geschehen war!Kaputt und niedergeschlagen kam ich bei den Zelten an. Was war passiert? Verdammte Sauferei, solch einen Filmriss hatte ich noch nie.
In meinem Zelt angekommen wurde mir klar das dies mein letzter Tag auf dem Lehrgang gewesen war. Nach kurzer Zeit kam der Leiter und meinte ich solle, zurück zur Kompanie. Er wollte noch die Gründe wissen, warum ich degradiert worden war. Ich wußte es ja selber nicht. Niedergeschlagen und immer mehr nach den Gründen suchend kam ich in der Kompanie an. Am meisten haben mich die hämischen Blicke getroffen und es waren nicht nur die Soldaten meiner Gruppe. Der nächste Tag war ein Sonnabend und mein Freund, der Spieß, kam auf das Zimmer wo ich von da an wohnen würde. Er meinte, ich würde ja wieder nüchtern sein und könnte bei Kohleschaufeln ja darüber nachdenken, was ich der Kompanie angetan hätte. Wir hatten ja in den Baracken noch Kohleheizung. Da ich den ganzen Freitag nichts zu mir genommen hatte, war ich fertig. Da er aber gleich sagte, das ist ein Befehl, blieb mir nur, diesen auszuführen. Ich schaufelte 40 Zentner Kohlen in einen Schauer und mußte mir die ganze Zeit dumme Be-
merkungen anhören. Auch das war Kameradschaft. Am Montag mußte ich zum Ko-Chef und mir wurde bekannt gegeben, dass ich kein Gruppenführer mehr sein könnte. War mir klar. Ich wurde in meine eigene Gruppe versetzt. Mir wurde klar, dass man mir eine Lehre erteilen wollte, einige hatten ja dafür ihre Gründe.
Degradierungsgrund
In dieser Woche erfuhr ich auch, was ich angestellt hatte. Einen Teil konnte ich von den Resies erfahren. Der Uffz. der mich beobachtet hatte, war, nachdem er meinen Namen erfahren hatte, zum OvD marschiert und hatte Meldung gemacht. Warum hat er mich nicht zurück gehalten, als ich in ein unverschlossenes Auto in der Phillip-Müller-Straße eingestiegen bin. Ich hätte das Auto-Licht immer ein und ausgeschalten, ansonsten war kein Schaden entstanden. Zu meinem Entsetzen erfuhr ich, das Auto gehört einem Militärstaatsanwalt! Gnade mir Gott!
In der DDR wurde 1963 eine eigenständige Militärgerichtsbarkeit für die NVA eingeführt.[12]
Sie bestand aus zehn Militärgerichten, drei Militärobergerichten (in Berlin, Leipzig, Neubrandenburg) und dem Militärkollegium des Obersten Gerichtes der DDR. Schon vorher gab es Militärstaatsanwälte. Die Dienststellen der Militärstaatsanwälte verfügten über Ermittler (Untersuchungsführer), die die Aufgaben wahrnahmen, die im zivilen Bereich der Kriminalpolizei zugewiesen sind. Die zivilen Polizei- und Justizbehörden waren für die NVA nicht zuständig. Die Militärrichter und -staatsanwälte waren Angehörige der NVA, trugen Uniform und hatten militärische Dienstgrade.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Militärgericht
..Es vergingen ein paar Tage und eines Morgens mußte ich zum Ko-Chef. Ich solle mich im Ministerium bei der Staatsanwaltschaft melden. Leider habe ich den Namen des Genossen nicht mehr im Kopf in dessen Auto ich rumgespielt hatte. Es war ein Hauptmann oder ein Major. KeineAhnung! Nachdem ich mich entschuldigt hatte, haben wir uns noch etwas unterhalten. Probleme für mich gab es keine weiter. Mir ist jedenfalls ein Stein vom Herzen gefallen.
Als Kraftfahrer auf dem LO1800

Meine Degradierung rückte langsam von mir ab. Das Leben ging also weiter. In der Kompanie hatte ich auch keine größeren Probleme mehr.n die dummen Sprüche hatte ich mich gewöhnt und es tat nicht mehr so weh. Nun war ich Fahrer eines LO1800. Gefahren war ich schon mit so einem Gerät. Anfangs waren es meistens Fahraufträge die mit der Versorgung des Regimentes zu tun hatten. So wurde jeden Tag Milch von der Milchverarbeitung in Vorstadt geholt (VEB Molkerei 1260 Strausberg, Ernst-Thälmann- Str. 72. Heute ist da ein Eigenheim-Wohngebiet) .

War gar nicht so schlecht, denn es sprangen immer ein paar Flaschen Kakaomilch dabei ab. Gas und Sauerstoff für die Werkstatt mußte aus Berlin geholt werden. Der Club am See brauchte Berliner Pilsner
in Flaschen.



Es gab Dienste in der Feuerwache im Ministerium. Da kam auf den LO ein großes Schlauchboot. Aus meiner Gruppe war mal einer 12 Wochen am Stück zum Dienst in der Wache. Als Fahrer mußte man im Alarmierungsraum schlafen. Dort lief alles zusammen von den ganzen Feuermeldern, war aber erst Interessant, wenn man sich etwas auskannte. Sollte einmal ein Alarm ausgelöst werden, mussten die Feuerwehrleute sofort geweckt werden. Ansonsten eine langweilige Angelegenheit. War nichts für mich. Ich war froh als, ich wieder in die Kompanie zurück konnte. Im Winter 68/69 mußte ich nach Zittau mit einem Hauptmann von der Verwaltung Technik. Wir haben Material und Fachbücher vom Roburwerk abgeholt. Dieser Genosse hatte irgendwie Sehnsucht nach seiner Verwandschaft und wir haben einen Abstecher über Zwickau gemacht. War ja alles möglich, zumal ich auch zu Hause vorbeischauen
konnte. Es war wohl die einzige größere Strecke, die ich mit dem LO1800 gefahren bin.
Videos zum Robur LO
Fortsetzung mit Teil 2
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