(Beitrag von Hans-Peter Nicolai)
Im September 1980 nahm ich als Gefreiter im Stab des Kfz-Regiments 2 am Manöver „Waffenbrüderschaft 80“ teil. Unser Feldlager lag im Wald bei Brück. Wir organisierten Fahrten und Transporte für die Führung – viel Motorenlärm, Funkverkehr, Marschbefehle.
Während wir im Wald lagen, brodelte es in Polen. Im August 1980 hatten Streiks zur Entstehung der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność unter Lech Wałęsa geführt. Die Anerkennung dieser Bewegung erschütterte die Führung in Moskau und Berlin. Hinter den Kulissen wurden Szenarien für ein Eingreifen in Polen diskutiert, bis hin zu militärischen Optionen.
Für uns Soldaten in Brück blieb das alles abstrakt. Wir spürten zwar, dass „etwas in Polen passiert“, hörten Gerüchte, aber unser Fokus lag auf den täglichen Abläufen: Kolonnen rechtzeitig auf den Weg bringen, Meldungen weitergeben, Post in Strausberg holen…

Rückblickend ist dieses Manöver für mich ein Stück verdichtete Zeitgeschichte: In einem märkischen Wald kreuzten sich persönlicher Alltag, Blockkonfrontation und die Krise in Polen. Damals war es „nur“ eine Übung. Heute sieht man, wie knapp Europa an einer direkten Intervention vorbeigeschrammt ist – und wie nah wir im Wald von Brück an den großen Linien des Kalten Krieges standen, ohne es ganz zu begreifen.


