(Beitrag von Lutz Teistler)
Es war im Juli 1985 und ich war Wachaufführender an unserer Außenstelle Wriezener Straße.
Dort standen einige exklusive Fahrzeuge der ersten Kompanie, die sogenannten Ministerautos.
Bewacht wurde das Objekt durch Personal unseres Regimentes. Ich gehe davon aus, dass alle Kompanien die Wache stellen mussten, daran habe ich aber keine genaue Erinnerung mehr.
Auf jeden Fall war aus meinem Diensthalbjahr der Soldat Waldemar S. dabei, genannt Waldi.
Er war noch nicht zum Gefreiten befördert worden. Während eines Ausganges hatte er vor dem Café Nord ( die damals nächste und am schnellsten zu erreichende Gaststätte) einen folgenschweren Disput mit einem Fallschirmjäger, in dessen Folge dieser Waldi einen Fußtritt in den Oberbauch verpasste.

Es ist allgemein bekannt, dass diese Truppe ständig Kampftechniken trainiert und nicht zimperlich ist. In Strausberg haben die „Fallis“ das Wohnviertel der Generale bewacht, die „Schallmauer“, wie sie genannt wurde (in der Fontane-Straße auch auf dem Seeweg).
Waldi schleppte sich mit starken Schmerzen zurück zur Dienststelle und musste am nächsten Morgen zum Med-Punkt, da der Bauch geschwollen war. Nach der Diagnostik wurde eine Milzruptur festgestellt, die unverzüglich operiert werden musste. Waldi war dazu in Bad Saarow und fehlte einige Wochen. Aufgrund der Ursache wurde er also als disziplinarische Maßnahme nicht befördert.
Waldi stand also als Wachposten an der Zufahrt zu den Garagen.

Ich beobachte aus der Wachstube, wie mehrfach ein Mann in NVA-Trainingsanzug mit einer TS 250 an Waldi vorbei zu den Garagen fuhr, drehte und den gleichen Weg zurück nahm. Dabei würdigte er Waldi keines Blickes. Als sich das Motorrad erneut näherte, vertrat Waldi ihm den Weg und ließ ihn anhalten. Die Beiden hatten ein Wortgefecht, welches ich jedoch nicht verstand. Dann fuhr der Motorradfahrer wieder vor das dortige Wohnheim.

Ich ging zu meinem Kameraden und fragte, was losgewesen ist. Waldi sagte mir, er hätte dem Fahrer deutlich gemacht, dass dies ein Postenbereich ist und dort nicht rein- und rausgefahren wird, schon gar nicht, ohne anzuhalten. Der MZ-Fahrer beleidigte ihn darauf und verhielt sich arrogant. Er sollte keine Mätzchen machen und er wäre das letzte Würstchen. Nun sagte ich zu Waldi: „Wir haben hier eine Aufgabe. Keiner weiß, ob das ein Test ist oder einfach eine Ignoranz. Wenn der nochmal kommt, steigt er ab und ich komme dazu“.
Wie schon zu vermuten war, dauerte es nicht lange und das Krad kam erneut Richtung Posten gefahren. Waldi breitete die Arme aus und brachte ihn zum Anhalten. Der Fahrer gestikulierte heftig und schrie irgendetwas.

Plötzlich nahm Waldi die MPi von der Schulter und lud durch. Der Fahrer bockte die MZ auf und legte sich daneben auf den Boden. Ich bin daraufhin sofort nach draußen gegangen und habe Waldi gefragt, was nun passiert ist.
Der Fahrer hätte zu ihm gesagt, dass er es satt hätte, dass sich so ein Tagediener in den Weg stellt und dass er ihm in die Knochen fährt, wenn er nicht aus dem Weg geht.
Daraufhin passierte dann das Beschriebene. Während Waldi den Unruhestifter schön auf dem Boden liegen ließ, verständigte ich den OvD über das Vorkommnis.
Es dauerte auch nicht lange und der Trabi Kübel des OvD rollte an. Ich berichtete von dem Sachverhalt und der OvD forderte die Militärstreife an.
Wie sich herausstellte, war der Störenfried ein Hauptmann der Nachrichtentruppe und hätte es besser wissen müssen.
Egel, ich durfte in den VKU fahren und Waldi wurde noch in derselben Woche Gefreiter.
