Hohen Besuch „verschlafen“

(Beitrag von Lutz Teistler)


Nach meiner Erinnerung war es August 1985, als ich mit Waldi Parkdienst hatte. Parkdienst in der Achten hieß, sich irgendwo in den Hallen oder an den Fahrzeugen nützlich zu machen.
Das war zum Beispiel das Ausbessern kleiner Lackschäden nach Einsätzen mit schwarzer Nitrofarbe oder dem armeetypischen Chlorbuna.


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Buna-Werke



Diesem mattgrünen Farbton versuchten wir einmal während eines Parktages ein gefälliges Aussehen zu geben und vernebelten drei Liter Sprühöl über die Fahrerhäuser von drei LO und einem Ural. Hinterher schön abwischen und die Dinger glänzten, als kämen sie gerade aus dem Werk.
Dies führte allerdings zu einem heftigen Anschiss von Ufw Lüdke, unserem Gruppenführer – unterstützt von dem Zugführer Lt. H. Dieser Zeitgenosse wurde wahrscheinlich auf der Offiziersschule zurechtgebügelt. Er konnte nichts, aber auch gar nichts im normalen Ton oder einer entspannten Haltung sagen. Wenn er sich vor uns aufbaute, musste man zwangsläufig an Charlie Chaplin denken – der stand genau so. Das Ende vom Lied war jedenfalls, dass wir mit Waschbenzin den Glanz unserer Fahrzeuge zu entfernen hatten. Doch wie sagten wir damals? Alles gediente Zeit.

Im August waren wir bereits EK und solche Aktionen wären uns im Traum nicht eingefallen.
Es war warm, in den Hallen heiß, denn die Tore waren geschlossen. Waldi und ich hatten die Felddienstjacke ausgezogen und es uns auf der Plane von in der Halle stehenden Ural gemütlich gemacht.


Auf der Ural-Plane ruht es sich bequem und getarnt


Wenn man darauf lag, sank man so weit ein, dass man nicht von unten zu sehen war. Es waren auch nur zwei Planen frei, denn auf der Dritten lag schon der Gefreite T., unser Tischler. Diese Tätigkeit – ausruhen und träumen von der Entlassung – nannte sich „abducken“. Das war ganz sicher nicht nur bei uns so.

In der schönsten Tiefschlafphase wurde es plötzlich laut.
Alle Tore wurden aufgeschoben, wir hörten Gruppen- und Zugführer hektisch Kommandos geben.
Sehen konnten wir ja nichts, aber was wir hörten, reichte vollauf. Es spielte sich typischer Armeewahnsinn ab.



Zunächst wurden Soldaten beauftragt, von der Schwelle einen Meter nach innen zu messen und mit Kreide einen Strich zu ziehen. Dann sprangen der Reihe nach die Motoren an. Zum Glück für uns waren die alten Ural Benzinfahrzeuge, wir wären sonst eingenebelt worden. Alle Ural wurden nun von den Fahrern ausgerichtet, dazu hatte man ein Lot gebaut, indem an einer Schnur eine Mutter befestigt war und an die Stoßstange gehalten wurde.
Nachdem das erledigt war, musste jeder Fahrer die Scheibenwischerblätter exakt waagerecht ausrichten.
Im Laufe der Aktion erfuhren wir auch den Grund. Ein General wolle sich im Gefechtspark umsehen und da bekamen einige geringere Dienstgrade Muffensausen.

Die Geschichte endete jedenfalls damit, dass der General mit Begleitung gelaufen kam und nur innehielt, weil Ltn. H. unbedingt eine Meldung machen wollte. Danach lief der hohe Besuch in Richtung Technik weiter. Das war offensichtlich sein Ziel und an der Halle wäre er ohne den Eifer unserer Vorgesetzten vorbeigelaufen.

Entdeckt hatte uns die gesamte Zeit kein Einziger und wir erfreuten Abends im Kompanieclub den Rest unserer Truppe.