„Schraubenpanne“ am neuen Ural

(Beitrag von Lutz Teistler)


Mit der Einführung der neuen Ural 4320 mit Dieselmotor bekam auch das KR 2 1984 die ersten Exemplare. Diese erhielt die 8. Kompanie in verschiedenen Werkstattvarianten.


Der Ural-4320 (russisch Урал-4320, aktuelle Eigenschreibweise des Herstellers URAL-4320) ist ein allradgetriebener russischer Lastkraftwagen in Haubenlenkerbauweise mit der Antriebsformel 6×6. Die Nationale Volksarmee der DDR beschaffte den Ural-4320 erstmals im Jahr 1983. Bis dahin war bereits der Vorgänger importiert worden. Beide Lastwagen fanden sowohl mit Pritschenaufbau als auch mit diversen Sonderaufbauten Verwendung.


Die ersten drei Fahrzeuge waren gerade eingetroffen, als der TA der Achten, Hauptmann Linke, im Gefechtspark gemeinsam mit dem Schirrmeister – Stabsfeldwebel Haack – die LKW begutachtete.
In Anwesenheit von zwei Gruppen des ersten Zuges ( bei denen es sich nahezu ausschließlich um Kfz-Schlosser handelte), krochen die Beiden unter dem Fahrzeug herum. Keiner wusste warum, aber plötzlich musste „Hauli“, wie Hauptmann Linke genannt wurde, zu einem Schraubenschlüssel greifen mit der Meinung, die Schrauben der Ölwanne nachziehen zu müssen.


abgerissene Schraube: nach „fest“ kommt „ab“

Bereits bei der zweiten Schraube ertönte das wohlbekannte Knacken und die nur noch halb so lange Schraube fiel auf den Boden. Betretenes Schweigen rundum.
Der Schirrmeister stellte treffsicher fest: „Dieter, die ist abgebrochen. Die müssen wir jetzt ausbohren“.
Eifrig wurden Bohrmaschine und Bohrer herangeschafft und der Verursacher persönlich machte es sich auf einem Rollbrett bequem und setzte die Maschine an.


Er bohrte und bohrte und kam kaum voran. Mehrfach zog er die Maschine zurück und betrachtete skeptisch den immer bunter werdenden Bohrer. Der Schirrmeister bemerkte: „Der ist stumpf, den musst du anschleifen“. Hauli eilte also mit dem Bohrer zur Schleifmaschine und begann. Dazu setzte er den Bohrer schräg auf die Platte der Maschine und drehte das Werkstück einfach nur im Kreis herum. Der Bohrer sah nunmehr einem Körner ähnlich und ohne jeglichen Hinterschliff wurde er wieder eingespannt.
Die folgenden Versuche des Ausbohrens waren noch erfolgloser, als zuvor. Der Schirrmeister hatte die nächste Idee. Beiden war aufgefallen, dass der Bohrer erneut ins Tiefblaue wechselt und dass er zu heiß wird. Haack: „Der wird zu heiß, den müssen wir kühlen!“
Hauli schickte nach Wasser und wenig später war ein Gummieimer halbvoll vor Ort.
Nun präsentierten die Beiden den kopfschüttelnden Soldaten ein Schauspiel besonderer Art. Hauli bohrte – oder tat zumindest so, denn er kam keinen Millimeter voran – und Achim Haack hielt neben ihm den Wassereimer. Aller etwa fünf Sekunden tauchte Hauli den blitzeblauen Bohrer ins Wasser, ließ es kurz zischen und machte weiter.
Das ganze Schauspiel wiederholte sich etwa zehn Mal. Dann kam dem verzweifelten TA die nächste Erleuchtung. Er sagte zu Achim Haack: Der ist immer noch zu heiß, der kühlt gar nicht richtig ab“.
Der Schirrmeister darauf: „Dann musst du den drehen lassen!“
Und so kam es auch. Nachdem der Bohrer erneut rauchend aus dem Loch gezogen wurde, tauchte ihn Hauli bis zum Bohrfutter ins Wasser und ließ die Maschine dabei munter drehen.
Das war wochenlang Kompaniegespräch und sorgte für entsprechende Heiterkeit in den Unterkünften.

L.T.