Nur innendiensttauglich

(Beitrag von Lutz Teistler)


Ich war bereits ein Zwischenschwein, also im zweiten Diensthalbjahr, als ein kleiner Zwischenfall für Belustigung sorgte. Grund war der Gefreite M., ein fast 1,90 m großer, urgemütlicher Hüne aus der Nähe von Saalfeld. Er konnte keiner Fliege etwas zuleide tun, war nur in vielen Sachen ungeschickt. So trug es sich zu, dass er bei einen Volleyballspiel – gerade eingewechselt – nach einem Sprung mit einem Fuß auf dem Anderen landete und sich schmerzhaft die Bänder dehnte. Daraufhin innendienstkrank geschrieben, Da war er natürlich vom Tragen der Knobelbecher (NVA-Stiefel) befreit.


NVA- Knobelbecher für Soldaten

Kuno, der KC, hatte etwa eine Woche später einen Kompanieappell anberaumt. Dazu trug man Stiefel und Stahlhelm. Der vom Stiefeltragen befreite M. machte sich nun seine Gedanken, wie er trotzdem korrekt teilnehmen kann. Da er Halbschuhe trug (wegen seiner Krankheit korrekt), setzte er wie vorgeschrieben die Schirmmütze auf. Die Kompanie nahm nun direkt vor dem Unterkunftsgebäude Aufstellung, M. als EK in der letzten Reihe. Kuno kam, stellte sich stolz vor seine „Achte“ und wollte gerade mit der Ansprache beginnen, als ihm in der dritten Reihe etwas merkwürdig vorkam. Mit einer, dem Brustschwimmen gleichenden Bewegung öffnete er wortlos die ersten beiden Reihen und hatte freie Sicht auf M. Rot anlaufend rief er: „M., was haben Sie denn auf dem Kopf?“.


Antwort: „Nu mei Huuudl, Genosse Major!“ Kuno: „ und wieso das?“ M.: „Nu das is wechen de Fieße“. Das Lachen zu unterdrücken war schwer. Kuno bellte M. an: „Aus meinen Augen, sofort!“. M. war als Kfz-Schlosser üblicherweise zum Kfz-Dienst eingeteilt. Als Innendienstkranker musste eine andere Verwendung gefunden werden. Wohlweislich hatte man ihn bisher nie einen GUvD stehen lassen, kam jedoch nun nicht mehr daran vorbei.

das Huuudel vom Gefreiten M.

M. war unheimlich aufgeregt und bedacht, ja alles richtig zu machen. Beim Stuben- und Revierreinigen ließ er die Sprutze (= 1. Diensthalbjahr) mit der Keule auf dem Flur Extrarunden drehen, damit alles untadelig ist. Dann hörte er in der fünften Kompanie unter uns, daß der OvD seinen Kontrollgang macht. Da war es mit M. gänzlich vorbei. Er schickte alles auf die Stuben, rückte die Stühle gerade und zupfte sich die Uniform zurecht. Der OvD – ein Major – stieg die Treppen zur Achten empor, viele Stubentüren waren einen Spalt geöffnet und voller neugieriger Augen. M. nahm Haltung an, der OvD vor ihm ebenfalls. Die Meldung verlief wie folgt: „Genosse ääh, Genosse ähh…“ Auf- und abwippend schaute M. Auf die Schulterstücke des Offiziers und war sich nicht schlüssig. „Major wollten Sie sagen?“ fragte der OvD. „Nu“, so M. „Genosse Gefreiter, was ist denn bei Ihnen laut Dienstplan jetzt dran?“ M.: „Nu dor Stubendurchgang“ OvD: „und wer führt den durch?“ M.: „Nu dor Durchführende!“ Der Major lief daraufhin wortlos und kopfschüttelnd weiter zur Sechsten. Einen GUvD brauchte M. nie mehr zu stehen.